Adrien - Donnerstag 1 August 2024

Wie erklären die Neurowissenschaften das Bewusstsein?

Von Laure Tabouy - Universität Paris-Saclay

Das Bewusstsein ist eine der kompliziertesten und komplexesten Begriffe. Kompliziert, weil schwer zu verstehen, und komplex, weil es mehrere miteinander verflochtene Elemente umfasst, die es schwer fassbar machen. Lassen Sie uns einen kurzen Überblick über drei "rivalisierende" Theorien werfen, die heute von Wissenschaftlern vertreten werden.


Mehrere Theorien stehen unter Wissenschaftlern im Widerspruch, um die Geheimnisse unseres inneren Lebens zu entschlüsseln.
Avery Evans/Unsplash

Gemäß der Definition im Larousse ist das Bewusstsein die "intuitive oder reflektierende unmittelbare Kenntnis, die jeder von seiner Existenz und der äußeren Welt hat". Es ist wichtig, mehrere Arten von Bewusstsein zu unterscheiden.

Das spontane oder unmittelbare Bewusstsein ist mit der Erfahrung verbunden und nach außen gerichtet. Es bezieht sich auf die Anwesenheit des Individuums bei sich selbst, während es denkt, fühlt oder handelt. Das reflektierende Bewusstsein ist die Fähigkeit, auf seine eigenen Gedanken oder Handlungen zurückzublicken und sie zu analysieren. Schließlich kann das Wort "Bewusstsein" auch unser moralisches Urteilsvermögen bezeichnen, das zwischen Gut und Böse unterscheidet, was hier jedoch nicht von Interesse ist.

Stehen wir kurz davor, die Signatur des Bewusstseins zu entdecken?



Die Fortschritte in den Neurowissenschaften, der Informatik und der Technik seit den 1950er Jahren lassen die Möglichkeit erahnen, den Geist zu entschlüsseln, und möglicherweise laut einigen sogar, ihn eines Tages auf einen digitalen Träger "herunterzuladen". Doch das Bewusstsein bleibt den Wissenschaftlern noch immer ein Rätsel. Zwar beleuchten immer präzisere und spezifischere Gehirnmechanismen unser Verständnis des Gehirns, stellen aber erneut die Frage: Werden wir die neuronale Signatur des Bewusstseins entdecken? Angesichts dieser Suche nach den Gehirnmechanismen, die diesem komplexen Phänomen zugrunde liegen, benötigt die Wissenschaft Theorien.

Innerhalb dieser Debatte, die zunächst philosophisch war, positionieren sich die wissenschaftlichen Theorien des Bewusstseins in einem materialistischen Ansatz. Das bedeutet, dass sie die Hypothese aufstellen, dass Bewusstsein ein Phänomen ist, das aus der Materie entsteht, aus der wir bestehen, im Gegensatz zu den Dualisten, die Körper und Geist als zwei verschiedene Realitäten betrachten. Die Wissenschaftler stützen sich daher auf die Analyse der Gehirnaktivität.

Die Theorie des globalen Arbeitsraums


Die Theorie des globalen Arbeitsraums ist eine funktionale Theorie: Sie versucht, das Bewusstsein durch das zu beschreiben, was es tut und welche Funktionen es erfüllt. Sie erklärt, dass das Bewusstwerden aus der Interaktion zwischen mehreren Gehirnregionen und -prozessen entsteht, die zusammenarbeiten. Das Ziel ist auch, eine experimentelle Herangehensweise zu verfolgen, ohne unbedingt ein "göttliches Projekt" zur Erklärung der Existenz des Bewusstseins heranzuziehen. Sie wurde in den späten 1980er Jahren vom amerikanischen Neurowissenschaftler Bernard Baars formuliert und von den französischen Neurowissenschaftlern Stanislas Dehaene, Lionel Naccache und Jean-Pierre Changeux weiterentwickelt.


Die Hauptidee dieser Theorie ist, dass, wenn wir sensorische Informationen erhalten, diese zunächst automatisch von spezialisierten Gehirnregionen wie dem visuellen Kortex verarbeitet werden. Es wurde beobachtet, dass, wenn diese Information nicht durch ein größeres neuronales Netzwerk aufrechterhalten und verstärkt wird, sie unbewusst bleibt. Das Bewusstwerden ist ein langsamerer, aber flexiblerer Prozess als die automatischen Prozesse, der Informationen aus verschiedenen spezialisierten Netzwerken zusammenführt.

Bestimmte sensorische Informationen werden also ausgewählt, um in vielen Gehirnregionen wie dem präfrontalen Kortex verbreitet zu werden. Diese Gehirnregionen sind stark mit vielen anderen Regionen verbunden. Dieser Prozess der Konvergenz zu einer einzigen kohärenten Interpretation der Situation lässt einen einzigartigen Bewusstseinszustand entstehen. Sobald wir uns dessen bewusst sind, was wir gesehen oder gehört haben, können wir eine Vielzahl von mentalen Operationen ausführen. Dieser Bewusstseinszustand äußert sich in einer "Erleuchtung" der Gehirnaktivität, dem Moment, in dem wir uns einer sensorischen Information bewusst werden, und tritt 300 Millisekunden nach der Wahrnehmung auf.

Die Theorie der integrierten Information


Die Theorie der integrierten Information ist ebenfalls eine funktionale Theorie und besagt, dass das Bewusstsein nicht durch die Struktur oder Aktivität des Gehirns definiert wird, sondern durch die Fähigkeit eines Systems (organisch im Falle des Gehirns), eine große Menge an Informationen wahrzunehmen. Laut dieser Theorie ist ein bewusstes System ein System, das Informationen erzeugt, die miteinander konfrontiert werden müssen: Dies nennt man Integration.

Diese Theorie wurde 2004 vom Amerikaner Giulio Tononi vorgeschlagen und erfordert zwei Grundlagen: eine Fülle von Informationen und eine Integration dieser Informationen. Dies würde zur Konstruktion eines einzigartigen und irreduziblen mentalen Zustands führen. Anstatt von der Gehirnaktivität auszugehen, um das Bewusstsein zu erklären, versucht Tononi, einen theoretischen Rahmen zu definieren, der seiner Meinung nach erklärt, warum bestimmte Systeme wie das Gehirn, das ein Organ ist, bewusst sind und Dinge in einer subjektiven Erfahrung empfinden, die scheinbar unabhängig von der Materie ist.


Laut Tononi eröffnet dieser Rahmen auch andere Hypothesen darüber, wie künstliche Systeme ebenfalls bewusst werden könnten. So könnten Organoide und Embryoide, die im Labor gezüchtet werden, oder sogar Pflanzen als bewusst angesehen werden. Dennoch fehlen dieser Theorie Details: Sie postuliert zwei wesentliche Elemente, erklärt jedoch nicht, warum das Bewusstsein entsteht und was es charakterisiert. Sie wird daher weiterentwickelt, ist jedoch sehr umstritten und wurde in einem Brief von 124 Fachleuten auf diesem Gebiet als "unwiderlegbare Pseudowissenschaft" bezeichnet. In dieser Veröffentlichung zeigen die Neurowissenschaftler die Meinungsverschiedenheiten auf, die sie spalten.

Die Theorien höherer Ordnung


Diese aus der Philosophie stammenden und vom Philosophen David Rosenthal und dem Psychologen Michael Graziano vertretenen Theorien höherer Ordnung versuchen, den Unterschied zwischen bewusster und unbewusster Informationsverarbeitung zu erklären. Diese Theorien postulieren, dass das Bewusstsein aus Wahrnehmungen oder Gedanken über unmittelbar zugängliche mentale Zustände, so genannte "erster Ordnung" Zustände, wie rohe Empfindungen, besteht. Das Bewusstsein über den Inhalt eines Stimulus ist nur ab dem Zeitpunkt möglich, an dem eine "höhere" oder "Meta-Repräsentation" entsteht. Laut diesen Theorien gibt es daher bewusste Gedanken, die auf einem unbewussten Niveau der Empfindungen beruhen, und es sind die Wahrnehmungen auf einer anderen Ebene dieser Empfindungen, die ins Bewusstsein gelangen.

Das Vorhandensein dieser höheren Repräsentation macht uns der Inhalte bewusst, auf die sie abzielt: Die Wahrnehmung ist ein automatischer Prozess, und sie wird bewusst, wenn die Existenz dieser Repräsentation ein bewusster Gedanke wird. Für den englischen Neurowissenschaftler Edmund Rolls ist dies ein Mechanismus, der die Fehlerkorrektur und die Handlungsplanung ermöglicht. Schließlich wäre laut diesen Theorien die unbewusste Verarbeitung ausreichend, sodass die Ausführung einer Aufgabe nicht unbedingt das Bewusstsein erfordert.

Welche Herausforderungen im aktuellen Kontext?



Das menschliche Bewusstsein offenbart, dass wir als einzigartige menschliche Wesen existieren, eine Kombination aus unseren Emotionen, Gedanken, Erfahrungen und unserer Persönlichkeit, aber auch unserer Biologie. Heute ist es eine ungelöste philosophische und wissenschaftliche Frage, die die Debatten belebt. Die Frage des Bewusstseins ist die nach dem Sinn: Wer bin ich? Was ist Innerlichkeit? Die Wissenschaftler sind noch nicht am Ziel, auch wenn es nicht ausgeschlossen ist, dass wir eines Tages erklären können, was Bewusstsein ist.

Ein weiterer Weg, der von Wissenschaftlern erforscht wird, sind cerebrale Organoide, die ebenfalls diese Fragen beleuchten. Diese "Mini-Gehirne" in Petrischalen, die 2008 entstanden sind, um das Defizit im Wissen über die embryonale Entwicklung des Gehirns zu beheben, sind neuronale Strukturen, die aus Stammzellen abgeleitet sind. Die Entwicklung von Protokollen zur Reproduktion verschiedener Teile des Gehirns, die für das Bewusstsein notwendig sind, ermöglicht es nun, ein ausgeklügeltes Netzwerk von Neuronen zu produzieren, das in der Lage ist, Gehirnwellen zu erzeugen. Organoide könnten zu empfindlichen und bewussten künstlichen Systemen werden. Diese Forschung wirft die wichtige Frage auf, welche Struktur für das Bewusstsein unerlässlich ist, wie es entsteht und woraus. Kann Selbstbewusstsein ohne Körper existieren? Cerebrale Organoide werfen außerdem wichtige ethische Fragen auf.

Diese theoretischen Forschungen zum Bewusstsein finden heute in einem Kontext der Aufregung im Bereich der Neurotechnologien statt. Projekte zur Gehirn-Maschine-Schnittstelle wie Neuralink werden immer zahlreicher und haben das Ziel, uns zu ermöglichen, die Welt einfach durch unseren Geist zu beeinflussen. Deshalb müssen wir sicherstellen, dass dieses neue Wissen über das Bewusstsein, fernab davon, auf theoretische Modelle beschränkt zu sein, zum Wohle aller genutzt wird, ohne unsere psychische Integrität, unsere Privatsphäre, unsere Sicherheit und unsere Gedankenfreiheit zu gefährden.

Quelle: The Conversation unter Creative Commons Lizenz
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