Von Valérie Lannoy - Postdoktorandin in Mikrobiologie, Sorbonne UniversitÀt.
Karies ist die weltweit am hÀufigsten vorkommende Mundkrankheit, von der
2 Milliarden Menschen betroffen sind! Wir wissen, dass eine zuckerreiche ErnĂ€hrung Karies begĂŒnstigt, aber warum eigentlich?
Illustrationsbild Pixabay
Karies, die zu einer allmĂ€hlichen Zerstörung des Zahns fĂŒhrt, ist eine Infektionskrankheit, die sich immer von auĂen nach innen entwickelt. Bleibt sie unbehandelt, kann sie das Dentin erreichen, die Schicht unter dem Zahnschmelz.
Zu diesem Zeitpunkt wird der Zahn empfindlich auf bestimmte Reize, wie z.B. beim Kauen. Die Karies ist dann aktiv und kann anschlieĂend das Zahnmark, die innerste Schicht des Zahns, befallen. Deshalb sollte man nicht zögern, den Zahnarzt aufzusuchen.
Kinder, insbesondere Kleinkinder, sind am stĂ€rksten betroffen. Man spricht von frĂŒhkindlicher Karies, die vor dem sechsten Lebensjahr an MilchzĂ€hnen auftritt, deren Zahnschmelz dĂŒnner ist als der von bleibenden ZĂ€hnen. FrĂŒhkindliche Karies, zusĂ€tzlich zu Karies bei Erwachsenen, stellt ein öffentliches Gesundheitsproblem in Frankreich dar.
SĂ€ure entmineralisiert den Zahn
Der Zahnschmelz, die Ă€uĂerste Schicht des Zahns, ist auch die hĂ€rteste Substanz unseres Körpers. Er besteht aus demselben Mineral wie unsere Knochen, nĂ€mlich Hydroxylapatit. Obwohl es ein Mineral ist, handelt es sich beim Zahnschmelz um eine dynamische Struktur, die regelmĂ€Ăigen Zyklen von Entmineralisierung und Remineralisierung unterliegt. Bei einer Störung dieses Gleichgewichts verschiebt sich der Zyklus zugunsten der Entmineralisierung.
Hydroxylapatit ist ein Kalziumphosphat, dessen Phosphatgruppe besonders sĂ€ureempfindlich ist. Eine saure Umgebung fĂŒhrt zur Entmineralisierung, da sich das Phosphat vom Kalzium löst â und so entsteht Karies!
Der Zahnschmelz steht direkt in Kontakt mit dem Zahnbelag, einem natĂŒrlichen Biofilm, der aus unserer oralen Mikroflora besteht, also den Bakterien, die normalerweise in unserem Mund leben.
Der Zahnschmelz wird geschwĂ€cht, wenn ein Ereignis den Zahnbelag ansĂ€uert. Zum Beispiel fördert der Konsum von Alkohol und Tabak die Entstehung von Karies, da diese die SpeicheldrĂŒsen beeintrĂ€chtigen und die Speichelsekretion verringern. Dabei reduziert Speichel die SĂ€ure in der Mundhöhle.
Ein weiterer Faktor, der unseren Zahnbelag ansĂ€uern kann, ist schlicht dessen Zusammensetzung: die Mundbakterien. Es handelt sich dabei um kommensale Bakterien, deren Aufgabe es ist, einen Teil unserer Nahrung vorzuzerkleinern. Einige dieser Bakterien sind sogenannte âsĂ€ureliebende" Bakterien, wie
Streptococcus mutans und
Lactobacillus acidophilus. Diese fermentieren Zucker zu MilchsÀure.
Was Karies verursacht, ist ein Ungleichgewicht, also die abnormale Vermehrung dieser Bakterien, und nicht ihre bloĂe Anwesenheit.
Ein ĂbermaĂ an Zucker in der ErnĂ€hrung lĂ€sst diese Bakterien schneller wachsen, und ein Teufelskreis entsteht, da sie denselben Zucker zu MilchsĂ€ure fermentieren.
Die entscheidende Rolle des Zuckers
Im Jahr 2021 wurde entdeckt, dass die
Ă€lteste Spur von Karies 54 Millionen Jahre alt ist. Sie wurde an fossilen ZĂ€hnen von
Microsyops latidens gefunden, einem kleinen Primaten, der lebte, als die ersten ObstbÀume erschienen. Seine ErnÀhrung war dadurch zuckerreicher. Bei keinem anderen Tier als SÀugetieren, der Klasse der Wirbeltiere, zu denen auch frugivore, herbivore oder omnivore Arten gehören, wurden bisher Karies nachgewiesen.
Ebenfalls 2021 zeigte eine internationale Zusammenarbeit, dass wilde Primaten, entgegen der landlÀufigen Meinung, unter Karies leiden, insbesondere kleine frugivore Affen. Ihre ErnÀhrung ist eine Quelle fermentierbarer Zucker in der Mundhöhle. Vor 30.000 Jahren waren Neandertaler besonders an Datteln interessiert, eine Frucht, die als kariesfördernd gilt. Dennoch
war ihre Kariesrate niedrig, vermutlich wegen ihrer insgesamt zuckerarmen, aber fleischreichen ErnÀhrung.
Beim Menschen trat Karies erstmals
vor 11.000 Jahren in der neolithischen Revolution auf.
Die Sesshaftwerdung ermöglichte das Aufkommen von Karies, insbesondere durch den Verzehr von Mehlprodukten.
Einer der Berufe, die am stÀrksten von Karies betroffen sind, ist der
BĂ€cker, aufgrund der beruflichen AtmosphĂ€re, die von suspendiertem Mehl erfĂŒllt ist! Mehl besteht zu 70 % aus langsamen Kohlenhydraten, die vom Speichel zu schnellen Zuckern verdaut werden, welche wiederum von sĂ€ureliebenden Bakterien fermentiert werden.
Wie schĂŒtzt man sich vor Karies?
Karies ist die hĂ€ufigste Mundkrankheit weltweit, aber auch die am leichtesten vermeidbare. Sie können sĂŒĂe GenĂŒsse genieĂen, solange Sie sich die ZĂ€hne putzen! Der bekannteste aktive Bestandteil von Zahnpasten ist Fluorid, da er den Zahnschmelz in eine weniger lösliche Form remineralisiert, nĂ€mlich Fluorapatit. Doch unabhĂ€ngig von der Zusammensetzung ist die Hygiene entscheidend, um die Verdickung des Zahnbelags zu vermeiden!
Quelle: The Conversation unter Creative-Commons-Lizenz