Die Multisystematrophie (MSA) ist eine seltene und schwere neurodegenerative Erkrankung, die durch die massive und rasche Anhäufung von α-Synuclein-Fibrillen im Gehirn verursacht wird. Diese Akkumulation wird auch bei anderen Synucleinopathien wie der Parkinson-Krankheit und der Lewy-Körperchen-Demenz beobachtet, jedoch mit einer viel langsameren Progressionsrate.
Die zentrale Frage, die bleibt: Was verleiht bestimmten Fibrillen die Fähigkeit, sich mit der Geschwindigkeit infektiöser Erreger auszubreiten, während sich andere über viele Jahre hinweg viel langsamer entwickeln?
Um dies zu beantworten, haben Wissenschaftler im Labor eine spezifische α-Synuclein-Fibrille namens 1B hergestellt und sie in das Gehirn von Mäusen injiziert. Diese synthetische Einheit induzierte das sehr schnelle Auftreten pathologischer Einschlüsse, die denen bei MSA ähneln. Die Ergebnisse dieser Studie, veröffentlicht in der Zeitschrift
Nature, liefern neue Erkenntnisse über die Ausbreitungsmechanismen von Synucleinopathien.
Selbstreplikation auf atomarer Ebene beobachtet
Mithilfe der Kryoelektronenmikroskopie, die die Untersuchung der Proteinstruktur auf atomarer Ebene ermöglicht, beobachteten die Wissenschaftler die synthetischen Fibrillen vor der Inokulation (1B) und diejenigen, die im Gehirn unter dem Einfluss der Inokulation entstanden (1BP). Beide Strukturen erwiesen sich als nahezu identisch.
1BP bewahrt die gleiche Faltungs-, Paarungs- und Stapelarchitektur wie 1B. Diese Ähnlichkeit zeigt, dass die synthetische Fibrille 1B
ihre eigene Kopie im Organismus erzeugt hat, ein Prozess, der einer echten
Selbstreplikation in vivo entspricht. Die Existenz eines solchen Phänomens war bisher noch nie auf atomarer Ebene im Tier nachgewiesen worden, nicht einmal bei Prionen. Verdünnte Hirnhomogenate von Mäusen, die diese 1BP-Fibrillen enthalten, können die Pathologie zudem durch Reinjektion auf andere Tiere übertragen.
Zu einem besseren Verständnis und neuen therapeutischen Strategien
Die Wissenschaftler identifizierten auch bestimmte strukturelle Regionen, die eine zentrale Rolle für die Fähigkeit dieser Fibrillen zu spielen scheinen, sich zu vermehren und den zellulären Abbausystemen zu entgehen.
"Diese Arbeit liefert den experimentellen Beweis, dass bei Synucleinopathien ein konformationeller, Prion-ähnlicher Replikationsmechanismus am Werk ist", betont François Ichas. "Sie eröffnet Perspektiven, um zu verstehen, wie bestimmte Formen der Alpha-Synuclein-Zusammenlagerung pathogen werden, und um Strategien zu entwickeln, die diesen Prozess unterbrechen."
Diese Arbeit liefert ein robustes experimentelles Modell der Prion-ähnlichen Mechanismen, die der MSA und anderen Synucleinopathien wie der Parkinson-Krankheit oder der Lewy-Körperchen-Demenz zugrunde liegen. Sie beleuchtet auch die supramolekularen strukturellen Grundlagen, die diese Pathologien unterscheiden.
Langfristig könnte die Identifizierung der kritischen Schnittstellen, die von den 1B-Fibrillen exponiert werden, die Entwicklung von Inhibitoren leiten, die ihre Ausbreitung verhindern können. Diese Entdeckung lädt auch dazu ein, die Grenzen zwischen biologischen Einheiten und künstlich erzeugten Krankheitserregern neu zu überdenken.
Die α-Synuclein-Fibrillen 1B (synthetisch) und 1BP (im Gehirn injizierter Mäuse gebildet) weisen eine nahezu identische Struktur auf, ein Beweis dafür, dass sich 1B in vivo selbst repliziert. Die dreidimensionalen Strukturen von 1B und 1BP können auf der Website www.rcsb.org mit den Codes 9EUU bzw. 9RZF erkundet werden.
© François Ichas
Quelle: CNRS INSB