Neutronen könnten unbekannte angeregte Zustände haben. Wissenschaftler zeigen, dass dies ihre variable Lebensdauer erklären könnte. Eine noch ungelöste Frage, die die Physik umtreibt.
Die Neutronen, grundlegende Bausteine der Materie, zerfallen im Durchschnitt nach fünfzehn Minuten. Dennoch beobachten Physiker unterschiedliche Lebensdauern, je nach Messmethode.
Das Neutron ist ein fundamentales Teilchen, das sich zusammen mit den Protonen im Kern von Atomen befindet. Im Gegensatz zu Protonen besitzt es keine elektrische Ladung, was ihm erlaubt, eine stabilisierende Rolle zu spielen, indem es hilft, die Protonen trotz ihrer natürlichen Neigung, einander abzustoßen, zusammenzuhalten. Das Neutron ist entscheidend für die Stabilität der Materie; im Inneren des Atomkerns ist es stabil, wird jedoch instabil, sobald es den Kern verlässt und zerfällt dabei rasch unter Freisetzung von Energie.
Ein „freies“ Neutron zerfällt in ein Elektron, ein Proton und ein Antineutrino. Doch die Ergebnisse weichen ab: In einem Strahl beträgt seine Lebensdauer etwa 880 Sekunden, während sie in einer magnetischen „Flasche“ fast 887 Sekunden erreicht. Dieser Unterschied bleibt bislang unerklärt.
Die Technische Universität Wien stellt eine gewagte Hypothese auf: Angeregte Zustände des Neutrons könnten dieses Phänomen erklären. Diese Zustände würden eine zusätzliche Energie beinhalten, die ihre Stabilität beeinflusst.
Nach Benjamin Koch und Felix Hummel befinden sich einige Neutronen möglicherweise schon beim Freisetzen in angeregten Zuständen, was ihre Lebensdauer verlängert. Andere, die sich im Grundzustand befinden, zerfallen schneller. Diese Hypothese könnte schließlich die beobachteten Abweichungen in der Lebensdauer erklären.
Um dies zu veranschaulichen, kann man eine einfache Metapher verwenden: die eines Schaumbades. Bei einem Bad ermöglicht die Zugabe von Energie die Bildung von Schaum. Dieser bildet sich an der Oberfläche in Form von Tausenden von Blasen unterschiedlicher Größe. Mit der Zeit platzen diese Blasen eine nach der anderen, bis der gesamte Schaum verschwindet.
Ähnlich könnten Neutronen in unterschiedlichen Zuständen existieren, von denen jeder eine andere Lebensdauer hat. Einige „angeregte Zustände“ wären wie Blasen, die etwas länger halten, während andere, weniger stabile, schnell zerfallen würden, ähnlich wie die ersten Blasen, die verschwinden. Diese Zustandsvariabilität könnte die beobachtete Differenz in der Lebensdauer der Neutronen erklären.
Das Ziel zukünftiger Forschungen wird es sein, zu überprüfen, ob diese angeregten Zustände tatsächlich existieren. Experimente werden es ermöglichen, die Lebensdauer von Neutronen in einem möglichen angeregten Zustand zu beobachten, der von 5 Millisekunden bis zu 300 Sekunden variiert zu sein scheint.
Die Forscher arbeiten mit internationalen Teams zusammen, um dieses Modell zu validieren, insbesondere mit denen des Instituts für Atomphysik in Wien. Diese Zusammenarbeit könnte unser Verständnis der subatomaren Teilchen grundlegend verändern.
Autor des Artikels: Cédric DEPOND
Quelle: Physical Review D