Das Hören von Stimmen erscheint oft sonderbar. Was geschieht wirklich im Gehirn schizophrener Menschen, wenn sie diese Geräusche wahrnehmen? Forschende haben vielleicht endlich eine Erklärung gefunden.
Eine neue Studie zeigt, dass die von Schizophrenen gehörten Stimmen durch präzise Gehirnfehlfunktionen verursacht werden könnten. Diese Anomalien scheinen eine Schlüsselrolle bei der Verwechslung von inneren und äußeren Geräuschen zu spielen.
Zwei Gehirnprozesse sind involviert: die korollare Entladung und die Efferenzkopie. Die primäre Funktion der korollaren Entladung besteht darin, die Wahrnehmung von selbst erzeugten Geräuschen, wie etwa der eigenen Stimme, zu dämpfen. Normalerweise sorgt dieser Mechanismus dafür, dass eine Person ihre eigene Stimme nicht als störend wahrnimmt. Doch bei schizophrenen Patienten funktioniert dieser Mechanismus nicht richtig. Anstatt die Wirkung dieser inneren Geräusche zu reduzieren, verstärkt er sie, wodurch die eigene Stimme viel lauter und präsenter wird.
Die Efferenzkopie hingegen ist ein internes Signal, das das Gehirn verwendet, um die Geräusche vorherzusehen, die es bald produzieren wird, insbesondere beim Sprechen. Es spielt eine wichtige Rolle dabei, das auditive System auf diese erwarteten Geräusche vorzubereiten und so zwischen inneren und äußeren Geräuschen zu unterscheiden.
Bei schizophrenen Patienten ist jedoch dieser Mechanismus stark gestört. Dieses Signal wird nicht nur verstärkt, sondern auch verzerrt, was die vorhergesehenen inneren Geräusche viel lauter und „realer“ macht, als sie sein sollten. Diese Übersteigerung der vom Gehirn erzeugten Töne führt zu einer Verwirrung zwischen inneren Gedanken und als äußerlich wahrgenommenen Stimmen, was die charakteristischen akustischen Halluzinationen der Schizophrenie zur Folge hat.
Forscher der Universität New York in Shanghai führten eine Studie durch, um die Gehirnfehlfunktionen bei schizophrenen Patienten zu beobachten, ob sie nun akustische Halluzinationen hatten oder nicht. Die Stichprobe umfasste 40 Teilnehmer, die in zwei Gruppen unterteilt wurden: 20 Patienten mit Halluzinationen und 20 andere ohne Symptome. Die Gehirnaktivität wurde mittels Elektroenzephalogramm (EEG) gemessen.
Die Ergebnisse zeigten signifikante Anomalien bei der korollaren Entladung und der Efferenzkopie bei Patienten mit Halluzinationen, während diese Fehlfunktionen bei jenen ohne Halluzinationen weniger ausgeprägt waren. Diese Ergebnisse bestätigen die direkte Rolle dieser Mechanismen bei der Wahrnehmung von Stimmen.
Diese Ergebnisse eröffnen neue potenzielle Behandlungsansätze. Durch das gezielte Ansprechen dieser fehlerhaften Mechanismen könnte es möglich sein, die Intensität oder Häufigkeit akustischer Halluzinationen bei Menschen mit Schizophrenie zu vermindern. Es zeigt sich außerdem, dass die Fehlfunktion der Verbindungen zwischen dem motorischen und dem auditorischen System des Gehirns eine Schlüsselrolle spielt.
Dies lässt neue therapeutische Ansätze erahnen, die sich auf diese neuronalen Verbindungen konzentrieren, anstatt nur auf das auditive System.
Autor des Artikels: Cédric DEPOND
Quelle: PLOS Biology