Ein internationales Team hat riesige Heliumwolken beobachtet, die vom Exoplaneten WASP-107b entweichen. Die mit dem James-Webb-Weltraumteleskop gewonnenen Beobachtungen konnten mithilfe von Werkzeugen modelliert werden, die an der UNIGE entwickelt wurden. Ihre in der Zeitschrift
Nature Astronomy veröffentlichte Analyse liefert wertvolle Hinweise zum Verständnis dieses Phänomens des atmosphärischen Entweichens, das die Entwicklung von Exoplaneten beeinflusst und einige ihrer Eigenschaften prägt.
Manchmal entweicht die Atmosphäre eines Planeten ins All. Dies ist auch bei der Erde der Fall, die jede Sekunde unwiederbringlich etwas mehr als 3 kg Materie (hauptsächlich Wasserstoff) verliert. Dieser als "atmosphärischer Entweichung" bezeichnete Prozess ist für Astronomen besonders bei der Untersuchung von Exoplaneten interessant, die sich sehr nahe an ihrem Stern befinden. Da sie auf extreme Temperaturen aufgeheizt werden, sind sie genau diesem Phänomen ausgesetzt, das eine wichtige Rolle in ihrer Entwicklung spielt.
Künstlerische Darstellung von WASP-107b. Seine geringe Dichte und die intensive Strahlung seines Sterns ermöglichen es dem Helium, vom Planeten zu entweichen.
© University of Geneva/NCCR PlanetS/Thibaut Roger
Es sind wertvolle Hinweise, um die Entstehungs- und Migrationsgeschichte von WASP-107b nachzuzeichnen.
Dank des James-Webb-Teleskops konnte ein internationales Team – zu dem auch Wissenschaftler der UNIGE sowie der Universitäten McGill, Chicago und Montréal gehören – riesige Ströme von Heliumgas beobachten, die vom Planeten WASP-107b entweichen. Dieser Exoplanet befindet sich in mehr als 210 Lichtjahren Entfernung von unserem Sonnensystem. Es ist das erste Mal, dass dieses chemische Element mit dem JWST auf einem Exoplaneten identifiziert wurde, was eine detaillierte Beschreibung des Phänomens ermöglicht.
Ein "Zuckerwatte"-Planet
WASP-107b, der 2017 entdeckt wurde, befindet sich siebenmal näher an seinem Stern als Merkur, der sonnennächste Planet in unserem System. Seine Dichte ist sehr gering, da er die Größe des Jupiter hat, aber nur ein Zehntel seiner Masse besitzt. Solche Planeten werden manchmal als "Zuckerwatte-Planeten" bezeichnet, da ihre geringe Dichte an die der Süßigkeit erinnert.
Der gewaltige Heliumstrom wurde in der Fortsetzung seiner Atmosphäre, der sogenannten "Exosphäre", nachgewiesen. Diese Wolke blockiert teilweise das Licht des Sterns, noch bevor der Planet vor diesem vorbeizieht. "Unsere Modelle der atmosphärischen Entweichung bestätigen das Vorhandensein von Heliumströmen vor und hinter dem Planeten, die sich in Richtung der Orbitalbewegung über fast das Zehnfache des Planetenradius erstrecken", erklärt Yann Carteret, Doktorand am Departement für Astronomie der Fakultät für Naturwissenschaften der UNIGE und Mitautor der Studie.
Wertvolle Hinweise
Zusätzlich zum Helium konnten die Astronomen das Vorhandensein von Wasser und Spuren chemischer Mischungen (u.a. Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Ammoniak) in der Atmosphäre des Planeten bestätigen, während sie das Fehlen von Methan feststellten, das das JWST jedoch nachweisen kann. Es sind wertvolle Hinweise, um die Entstehungs- und Migrationsgeschichte von WASP-107b nachzuzeichnen: Der Planet hat sich weit von seiner aktuellen Umlaufbahn entfernt gebildet und ist dann seinem Stern näher gekommen, was seine aufgeblähte Atmosphäre und seinen Gasverlust erklären würde.
Diese Studie bildet einen Referenzpunkt, um die Entwicklung und Dynamik dieser fernen Welten besser zu verstehen. "Die Beobachtung und Modellierung der atmosphärischen Entweichung ist ein wichtiges Forschungsgebiet am Departement für Astronomie der UNIGE, da sie für einige der beobachteten Merkmale in der Population der Exoplaneten verantwortlich sein könnte", präzisiert Vincent Bourrier, Lehr- und Forschungsbeauftragter am Departement für Astronomie der Fakultät für Naturwissenschaften der UNIGE und Mitautor der Studie.
"Auf der Erde ist der atmosphärische Entweichung zu schwach, um unseren Planeten drastisch zu beeinflussen. Aber er könnte für das Fehlen von Wasser auf unserer nahen Nachbarin Venus verantwortlich sein. Daher ist es entscheidend, die bei diesem Phänomen wirkenden Mechanismen gut zu verstehen, die die Atmosphäre einiger Gesteinsexoplaneten erodieren könnten", schließt er.
Quelle: Universität Genf