Forscher des Irig/LPCV haben gezeigt, dass sich die Alge am Rand der Eiskristalle im fließenden Wasser im Schnee entwickelt. Die Biologen analysierten die Zellarchitektur der Alge mittels 3D-Elektronenmikroskopie. Sie enthüllten dadurch die Anpassungen, die es der Alge ermöglichen, sich im Schnee zu vermehren. Beispielsweise beobachteten sie, dass die Zellmembran von Sanguina von kleinen Falten durchzogen ist, die ihre Kontaktoberfläche zur Außenwelt vergrößern. Dies ermöglicht der Alge, die für ihr Wachstum notwendigen Ionen aus einer extrem nährstoffarmen Umgebung besser zu extrahieren.
Die Alpengletscher färben sich manchmal im Frühling mit einer dünnen roten oder orangenen Schicht. Dieses Phänomen, bekannt als "Blut der Gletscher", wird durch eine mikroskopische Alge: Sanguina nivaloides verursacht. Die Forscher des Irig/LPCV studieren dieses Lebewesen inmitten eines noch unbekannten Schnee-Ökosystems.
© Jean-Gabriel Valay/Jardin du Lautaret/UGA/CNRS.
Das Innere der Zelle barg ebenfalls Überraschungen. Die Alge besitzt einen einzigartigen Chloroplasten. Innerhalb dieses Chloroplasten sind die Thylakoide, diese lamellenförmigen Strukturen, in denen die Photosynthese stattfindet, nicht in nur einer Richtung ausgerichtet, wie bei den meisten Pflanzen. Bei
Sanguina nivaloides breiten sie sich fächerförmig aus, um Licht aus allen Richtungen aufzunehmen. Eine Anpassung speziell für das Leben im Schnee, wo sich Licht diffus reflektiert, ähnlich wie in einem Spiegelsaal. Die Mitochondrien, die Kraftwerke der Zelle, befinden sich direkt am Rand des Chloroplasten, um die von diesem synthetisierte Stärke zu nutzen (siehe Bild unter dem Titel).
Das Forschungsteam interessierte sich auch für die roten Pigmente der Alge. Sie dienen nicht, wie angenommen, zum Schutz des Zellkerns vor UV-Strahlung. Bestehend aus Carotinoiden, ermöglichen sie es der Alge, sich gegen die schädlichen Effekte von oxidierenden freien Radikalen in einer von sehr intensivem Licht umgebenen Umgebung zu schützen.
Nach dem Schmelzen des Schnees findet sich die Alge im Boden wieder und durchläuft eine echte Metamorphose, um sich an eine radikal andere Umgebung anzupassen. Die Wissenschaftler möchten nun diesen noch nie zuvor untersuchten Prozess verstehen. Die Zeit drängt, denn das gesamte von
Sanguina nivaloides abhängige Ökosystem ist durch die Klimaveränderung und die Reduzierung der Schneebedeckung in den Bergen bedroht.
Referenzen:
Ezzedine JA, Uwizeye C, Si Larbi G, Villain G, Louwagie M, Schilling M, Hagenmuller P, Gallet B, Stewart A, Petroutsos D, Devime F, Salze P, Liger L, Jouhet J, Dumont M, Ravanel S, Amato A, Valay JG, Jouneau PH, Falconet D und Maréchal E
Anpassungsmerkmale von Zysten der Schneealge
Sanguina nivaloides enthüllt durch dreidimensionale subzelluläre Bildgebung.
Nature Communications, 2023.
Quelle: CEA IRIG