Es gibt Schlüsselmomente in der Geschichte der Erde, die weiterhin im Dunkeln liegen. Die Entstehung der ersten Moleküle, die zusammenwirken konnten, um Leben entstehen zu lassen, gehört dazu.
Seit mehreren Jahrzehnten versuchen Forscher zu verstehen, wie die chemischen Bausteine des primitiven Lebens miteinander verbunden werden konnten. Ein Team des University College London (UCL) liefert nun einen vielversprechenden Ansatz: Es ist ihnen gelungen, im Labor die Verbindung zwischen Aminosäuren, den Bestandteilen von Proteinen, und der RNA, dem informationsübertragenden Molekül, nachzubilden. Diese in
Nature veröffentlichte Studie belebt die Debatte über die Anfangsbedingungen der irdischen Chemie neu.
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Die ersten Schritte des Lebens rekonstruieren
Proteine erfüllen eine Vielzahl essenzieller Funktionen, aber sie können sich ohne Anleitung nicht bilden. Die RNA liefert diese Anweisungen, indem sie die Rolle eines Boten spielt. Dem UCL-Team ist es gelungen zu zeigen, dass eine direkte Verbindung zwischen RNA und Aminosäuren unter einfachen wässrigen Bedingungen hergestellt werden kann.
Dieser Fortschritt erinnert an einen Mechanismus, den moderne Zellen mit sehr komplexen molekularen Maschinen, den Ribosomen, bewerkstelligen. Hier beruht der Prozess allein auf spontaner Chemie, ohne Enzyme oder ausgeklügelte Vorrichtungen. Die Forscher erzielten so einen ersten Schritt hin zur Bildung kleiner Proteinketten, sogenannter Peptide.
Diese Entdeckung unterscheidet sich von früheren Arbeiten, die aufgrund von unerwünschten Nebenreaktionen scheiterten. Frühere Versuche verwendeten zu reaktive Moleküle, die sich in Wasser zersetzten und die Bindung mit der RNA verhinderten.
Eine Verbindung zweier großer Hypothesen
Um das Hindernis zu umgehen, ließen sich die Chemiker von bekannten biologischen Reaktionen inspirieren. Sie verwendeten Thioester, energiereiche Verbindungen, die bereits in vielen heutigen Stoffwechselprozessen eine Rolle spielen. Diese Moleküle sind in der Lage, Aminosäuren zu aktivieren und ihre Bindung mit der RNA zu erleichtern.
Der Vorteil ist zweifach: Thioester waren wahrscheinlich auf der Urerde vorhanden und ihre Verwendung vereint zwei Szenarien, die von Forschern oft diskutiert werden. Die Hypothese der "RNA-Welt" geht davon aus, dass dieses Molekül eine zentrale Rolle spielte, indem es sich selbst replizierte, während die Hypothese der "Thioester-Welt" diesen energiereichen Verbindungen die Fähigkeit zuschreibt, die ersten lebenswichtigen Reaktionen in Gang zu setzen.
Indem sie diese beiden Modelle verbinden, legen die Autoren nahe, dass der Ursprung des Lebens auf einer Wechselwirkung zwischen Informationsträgern und Energiequellen beruht haben könnte. Diese Kombination hätte den Weg für die Herstellung der ersten Proteine geebnet.
Plausible Bedingungen auf der Urerde
Die Experimente zeigen, dass diese Chemie in Wasser mit neutralem pH-Wert funktioniert, was zu stark verdünnte ozeanische Umgebungen ausschließt. Seen, Tümpel oder Küstengebiete scheinen besser geeignet, um die notwendigen Moleküle zu konzentrieren.
Einige Experimente deuten sogar darauf hin, dass Gefrier- und Auftauzyklen die Reaktionen beschleunigen konnten. Die Bildung von Salzwassertaschen im Eis hätte die Zutaten in ausreichenden Konzentrationen zusammenbringen können, um die RNA-Aminosäure-Bindung zu begünstigen.
Die Forscher weisen jedoch darauf hin, dass noch viele Hürden zu überwinden sind. Unter anderem muss gezeigt werden, wie die RNA Bindungspräferenzen für bestimmte Aminosäuren entwickeln konnte, ein erster Schritt hin zur Entstehung eines echten genetischen Codes.
Artikelautor: Cédric DEPOND
Quelle: Nature