Seit der Kartierung des menschlichen Genoms im Jahr 2003 hat die synthetische Biologie einen neuen Meilenstein erreicht. Britische Forscher widmen sich nun der Synthese menschlicher DNA (mit anderen Worten, der Erschaffung eines künstlichen menschlichen Genoms), was neue Perspektiven in der Medizin und Biotechnologie eröffnet.
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Mit einer Finanzierung von 10 Millionen Pfund Sterling durch Wellcome vereint das SynHG-Projekt Wissenschaftler der Universitäten Oxford, Cambridge und Manchester. Das Ziel? Die Entwicklung rein synthetischer Chromosomen, um die Funktionsweise unserer DNA besser zu verstehen und innovative Therapien zu entwickeln.
Die Versprechen eines synthetischen Genoms
Im Gegensatz zur Genbearbeitung (wie CRISPR), die sich darauf beschränkt, Änderungen an einem Genom vorzunehmen, ermöglicht die Synthese den vollständigen Neuaufbau von DNA-Sequenzen von Grund auf. Dieser Ansatz könnte zu virusresistenten Zellen oder sichereren Organtransplantationen führen.
Die jüngsten Fortschritte bei bakteriellen und Hefe-Genomen zeigen, dass die Technik machbar ist. Das menschliche Genom, das weitaus komplexer ist, wird jedoch Jahrzehnte der Forschung erfordern.
Zunächst wird ein synthetisches Chromosom, das 2 % des Genoms ausmacht, getestet. Die Ergebnisse könnten den Kampf gegen genetische Krankheiten und das Altern beschleunigen.
Ein Projekt mit großen ethischen Herausforderungen
Die Manipulation des Genoms wirft gesellschaftliche Fragen auf, insbesondere zu den Risiken eugenischer Auswüchse. Um diese zu beantworten, beinhaltet das Projekt einen von Joy Zhang (Universität Kent) geleiteten Teil, der die ethischen und rechtlichen Implikationen untersucht.
Weltweit werden öffentliche Konsultationen durchgeführt, um künftige Anwendungen zu regeln. Ziel ist es, Zugangsungleichheiten und böswillige Nutzungen zu vermeiden.
Trotz dieser Vorsichtsmaßnahmen befürchten einige Wissenschaftler wie Bill Earnshaw (Universität Edinburgh) einen Kontrollverlust. Die Synthese menschlicher DNA könnte langfristig unsere Beziehung zum Leben grundlegend verändern.
Weiterführend: Welche Risiken bergen synthetische Genome?
Die Erschaffung künstlicher menschlicher DNA wirft wichtige Fragen der Biosicherheit auf. Anders als punktuelle Veränderungen durch CRISPR könnte die vollständige Synthese von Genomen theoretisch die Entwicklung maßgeschneiderter Krankheitserreger oder die Wiederbelebung ausgerotteter Viren ermöglichen. Es gibt zwar strenge Protokolle zur Überprüfung synthetisierter Sequenzen, doch das Risiko des Missbrauchs durch böswillige oder nichtstaatliche Akteure bereitet Experten für biologische Sicherheit Sorgen.
Ethisch gesehen könnte diese Technologie die Ungleichheiten beim Zugang zu medizinischen Fortschritten verstärken. Therapien auf Basis synthetischer Genome, die potenziell teuer sind, könnten nur bestimmten Bevölkerungsgruppen zur Verfügung stehen und somit globale Gesundheitsdisparitäten vergrößern. Zudem weckt die Möglichkeit einer tiefgreifenden Veränderung des menschlichen Genoms erneut Ängste vor Eugenik, insbesondere im Hinblick auf "Designerbabys" mit ausgewählten genetischen Merkmalen.
Wissenschaftlich bestehen weiterhin Unsicherheiten. Selbst bei einer perfekt kontrollierten DNA-Sequenz sind die Wechselwirkungen zwischen synthetischen Genen und natürlichen zellulären Mechanismen noch nicht vollständig verstanden. Ein künstliches Genom könnte unvorhergesehene Auswirkungen haben, wie gefährliche Immunreaktionen oder epigenetische Störungen. Diese Risiken erfordern nicht nur robuste regulatorische Rahmenbedingungen, sondern auch mehr Transparenz in Forschung und Experimenten.
Wie funktioniert die DNA-Synthese?
Die DNA-Synthese basiert auf einem automatisierten chemischen Prozess, der Nukleotide (A, T, C, G) sequenziell nach einer vordefinierten Abfolge zusammenfügt. Moderne Maschinen nutzen die Phosphoramidit-Synthesemethode, bei der jede Nukleotid-Schicht schrittweise mit spezifischen Reagenzien verbunden wird. Obwohl präzise, ist dieser Prozess auf Fragmente von wenigen hundert Basenpaaren beschränkt, weshalb enzymatische Assemblierungstechniken benötigt werden, um längere Sequenzen zu bilden.
Für Genome wie das des Menschen kombinieren Wissenschaftler Molekularbiologie und Bioinformatik. Nach der Synthese der Fragmente werden diese in Modellzellen (wie Hefe oder Bakterien) zusammengefügt, die dank natürlicher Rekombinationsmechanismen die DNA "verknüpfen" können. Algorithmen überprüfen anschließend die Genauigkeit der Sequenz und korrigieren potenzielle Fehler, die während der Synthese oder Assemblierung entstanden sind.
Aktuelle Fortschritte in Robotik und künstlicher Intelligenz beschleunigen diesen Prozess erheblich. Automatisierte Plattformen können nun Tausende von DNA-Fragmenten parallel produzieren, während KI die Sequenzen optimiert, um instabile oder für Zellen toxische Bereiche zu vermeiden. Trotz dieser Fortschritte bleibt die Synthese eines gesamten menschlichen Chromosoms eine Herausforderung, aufgrund seiner Größe und der Komplexität nichtkodierender Regionen, deren genaue Rolle noch unklar ist.
Autor des Artikels: Cédric DEPOND
Quelle: University of Manchester