Entgegen der landläufigen Meinung sind manche Haie nicht völlig stumm. Eine Studie enthüllt ein bisher unbekanntes Verhalten bei einer neuseeländischen Art, das unser Wissen über diese Meeresräuber infrage stellt.
Bislang galten Elasmobranchier (Haie und Rochen) als unfähig, willentlich Geräusche zu erzeugen. Diese Annahme wurde nun durch überraschende Laborbeobachtungen erschüttert.
Mustelus lenticulatus wurde dabei aufgezeichnet, wie er absichtlich Klickgeräusche von sich gibt.
Bild: Paul Caiger
Ein zufälliger Fund
Das Team des Leigh Marine Laboratory bemerkte, dass junge "Rig Sharks" bei Handhabung Knackgeräusche von sich gaben. Diese kurzen Laute (48 Millisekunden) erreichten bis zu 166 Dezibel – vergleichbar mit einem Knallfrosch.
Die Aufnahmen zeigen, dass 100 % der getesteten Tiere diese Klicks produzierten, besonders in den ersten Sekunden der Handhabung. Die Häufigkeit nahm danach ab, was auf eine Stressreaktion hindeutet und nicht auf gezielte Kommunikation.
Laut der in
Royal Society Open Science veröffentlichten Studie könnten diese Geräusche vom Aufeinanderschlagen der flachen Zähne stammen, die für diese Art typisch sind. Im Gegensatz zu klassischen Haien besitzt diese Art Backenzähne, die zum Zermalmen von Krustentieren angepasst sind.
Eine noch rätselhafte Funktion
Die Forscher schließen die Hypothese eines Hilferufs aus, da die Klickfrequenz über dem Hörvermögen von Haien liegt. Stattdessen könnten sie dazu dienen, einen Angreifer kurzzeitig zu verwirren – ähnlich wie es manche Rochen tun.
Das Fehlen spezialisierter Schallerzeugungsstrukturen bei Elasmobranchiern macht diese Entdeckung besonders faszinierend. Die Wissenschaftler betonen, dass der genaue Mechanismus noch durch weitere Studien bestätigt werden muss.
a) Dorsalansicht des Schädels eines jungen männlichen Mustelus lenticulatus mit knorpeligen und dentalen Strukturen.
b) Rostrale Ansicht mit Position von Chondrokranium, Kiefern und Gebiss.
c) Ventralansicht der Ober- und Unterkieferknorpel.
d) Laterale Ansicht mit Chondrokranium und zugehörigen Elementen.
e–f) Fotos des Oberkiefers mit flachen Zähnen und abgerundeten Kronen sowie zwei kleinen seitlichen Höckern (f, schwarze Spitzen). Eine Ausstülpung ist auf der lingualen Seite sichtbar (f, schwarzer Pfeil), mit kurzen Rillen an der Kronenbasis (f, h, weißer Pfeil).
g–h) Fotos des Unterkiefers mit gleicher Zahnmorphologie.
Diese Beobachtung eröffnet neue Perspektiven auf unbekannte Verhaltensweisen von Haien. Die Autoren hoffen, dass weitere Arten in ihrem natürlichen Lebensraum ähnlich untersucht werden.
Vertiefung: Wie erzeugen Fische Geräusche?
Die Schallerzeugung bei Fischen basiert auf verschiedenen anatomischen Mechanismen. Rund 1.000 Arten können Laute produzieren, vor allem zur Fortpflanzung, Revierverteidigung oder als Warnung vor Feinden.
Die Schwimmblase dient bei vielen Arten als Resonanzkörper. Durch Kontraktion spezialisierter Muskeln erzeugen sie hörbare Vibrationen, wie beim Umber oder Trommler. Manche reiben auch ihre Schlundknochen oder Flossen, um zirpende Geräusche zu erzeugen.
Elasmobranchier (Haie, Rochen) galten mangels spezieller Organe als stumm. Die jüngsten Entdeckungen über Zahnknacken beim Rig-Hai zeigen jedoch alternative Mechanismen. Rochen etwa erzeugen Klicks, indem sie ihren Kopf ruckartig hochwerfen.
Die Erforschung dieser Laute im Freiland bleibt schwierig. Hydrophone und Unterwasserkameras entschlüsseln nach und nach diese Verhaltensweisen und enthüllen eine unerwartete akustische Kommunikation bei Meerestieren.
Autor des Artikels: Cédric DEPOND
Quelle: Royal Society Open Science