Bei vielen Tieren spielen die Farben und Muster der Haut eine entscheidende Rolle, sei es für die Tarnung, Kommunikation oder Thermoregulation. Bei der Kornnatter zeigen einige Linien rote, gelbe oder rosa Farben, und ihre Rückenflecken können verschmelzen oder Streifen bilden.
Welche genetischen und zellulären Mechanismen bestimmen diese Farbmuster? Ein Team der Universität Genf (UNIGE) hat entdeckt, dass ein Gen, CLCN2, an diesen Variationen beteiligt ist. Diese Studie, veröffentlicht in
Genome Biology, eröffnet neue Perspektiven auf die Evolution und Genetik der tierischen Färbung.
Bei der Kornnatter zeigen einige Morphologien rote, gelbe oder rosa Flecken, und ihre Rückenflecken können verschmelzen oder sich in Streifen verwandeln.
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Die Farben und Muster der Kornnattern (
Pantherophis guttatus) hängen mit der Anordnung und Lokalisierung der Chromatophoren zusammen, Zellen, die in der Haut vieler Tiere vorkommen und Pigmente oder lichtreflektierende Kristalle enthalten. Obwohl diese Reptilien normalerweise einen Rücken mit roten Flecken haben, die von schwarzen Ringen umgeben sind und auf orangefarbenem Grund liegen, sowie ein schwarz-weißes Schachbrettmuster auf der Bauchseite, können sie auch eine große Vielfalt anderer Farben und Muster aufweisen.
Zu den häufig vorkommenden Variationen gehört die "Motley"-Variante, bei der die Rückenflecken verschmolzen oder unterbrochen sind, was ein lineares Muster erzeugt. Die "Stripe"-Variante hingegen zeigt durchgehende Längsstreifen auf dem Rücken. Beide Varianten teilen die gemeinsame Eigenschaft eines einfarbigen Bauchs ohne das typische Schachbrettmuster.
Ein einziges Gen verantwortlich für verschiedene Muster
Das Team unter der Leitung von Athanasia Tzika und Michel Milinkovitch, Lehr- und Forschungsbeauftragte bzw. Professor am Departement für Genetik und Evolution der naturwissenschaftlichen Fakultät der UNIGE, wollte diese Mutationen charakterisieren.
Nach Kreuzungen zwischen Motley- und Stripe-Schlangen sowie der Sequenzierung des Genoms der Nachkommen identifizierten die Wissenschaftler, dass diese beiden Mutationen nur ein einziges Gen betreffen: CLCN2. Dieses Gen kodiert ein Protein, das sich in den Zellmembranen befindet und einen Kanal für den Transport von Chloridionen durch die Membran bildet. Die unterschiedliche Verteilung der Ionen erzeugt eine elektrische Ladungsdifferenz zwischen dem Inneren und Äußeren der Zelle, um die Übertragung zellulärer Signale zu ermöglichen.
Bei Motley-Schlangen handelt es sich nicht um eine Mutation im Gen, sondern um eine starke Reduktion seiner Expression. Bei Stripe-Schlangen hingegen wird ein kleines DNA-Stück – ein Transposon – in das CLCN2-Gen eingefügt, wodurch das Protein inaktiv wird.
„Diese Ergebnisse waren sehr überraschend, denn beim Menschen oder bei Mäusen ist der CLCN2-Kanal essenziell für die Aktivität der Neuronen, und Mutationen in diesem Gen sind mit schweren Erkrankungen wie der Leukoenzephalopathie verbunden, einer Krankheit, die die weiße Substanz des Gehirns betrifft“, erklären Sophie Montandon und Pierre Beaudier, Forscher im Labor Milinkovitch/Tzika und Co-Erstautoren der Studie. „Wir haben daher genetische Experimente an der Kornnatter durchgeführt, um das CLCN2-Gen zu inaktivieren. Die so erzeugten Mutanten zeigten die Stripe-Form, was uns bestätigte, dass es sich tatsächlich um das gesuchte Gen handelt.“
Ein unerwarteter Akteur bei der Musterbildung
Um die Rolle von CLCN2 besser zu verstehen, suchten die Wissenschaftler nach Organen und Zellen, in denen dieses Gen bei der Kornnatter exprimiert wird. Transkriptomanalysen zeigten, dass CLCN2 im erwachsenen Gehirn – wie bei Maus und Mensch –, aber auch in Chromatophoren während der Embryogenese exprimiert wird.
Die Wissenschaftler interessierten sich dann für die Entstehung der Färbungsmuster während der Embryonalentwicklung. Sie beobachteten, dass bei den Mutanten die Chromatophoren nicht richtig aggregieren konnten, um die charakteristischen Flecken zu bilden: Stattdessen organisierten sie sich in Streifen, die bei Stripe-Individuen sichtbar sind.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass eine Mutation des CLCN2-Gens bei der Kornnatter keine Hirn- oder Verhaltensstörungen verursacht. Stattdessen spielt das Protein eine entscheidende und bisher unbekannte Rolle bei der Entwicklung der Färbungsmuster“, fasst Asier Ullate-Agote, Co-Erstautor der Studie, zusammen.
Die weitere Studie zielt darauf ab, die Rolle des Chloridionenkanals CLCN2 in der Membran der Chromatophoren besser zu verstehen, insbesondere wie er die Interaktionen zwischen diesen Pigmentzellen beeinflusst. Das Ziel ist, die zellulären Mechanismen zu entschlüsseln, die die spektakuläre Vielfalt der Färbungsmuster bei der Kornnatter und anderen Reptilien ermöglichen.
Quelle: Universität Genf