Die Beobachtungen des europäischen Satelliten Gaia ermöglichen es, eine umstrittene alternative Theorie zu widerlegen und stützen die Existenz einer unsichtbaren Komponente, die den Großteil der Masse des Universums ausmacht: die dunkle Materie. Dies zeigt eine Studie, die in
Astronomy & Astrophysics veröffentlicht wurde.
Diese Ergebnisse, die dank Messungen von unübertroffener Präzision erzielt wurden, beleben die Suche nach der Lösung des Rätsels dieser schwer fassbaren Materie.
Seit mehreren Jahrzehnten stellt die
dunkle Materie eines der größten Rätsel der modernen Astrophysik dar. Diese unsichtbare Komponente würde etwa
85 % der gesamten Materie im Universum ausmachen, doch ihre Natur bleibt hartnäckig mysteriös. Kein Instrument hat sie bisher direkt nachweisen können. Angesichts dieser Sackgasse haben einige Wissenschaftler
alternative Theorien vorgeschlagen, die unser Verständnis der Gravitation selbst in Frage stellen.
Unter diesen Ansätzen ist die
MOND-Theorie (für
Modified Newtonian Dynamics, also "modifizierte newtonsche Dynamik") die bekannteste. Sie wurde in den 1980er Jahren vorgeschlagen und geht von einer Beobachtung aus: In den am weitesten vom Zentrum der Galaxien entfernten Regionen unterliegen die Sterne einer extrem schwachen Gravitationsanziehung. Sie sind daher sehr schwachen Beschleunigungen ausgesetzt. Die MOND-Theorie legt nahe, dass unter diesen extremen Bedingungen die
Newtonschen Gravitationsgesetze nicht mehr so anwendbar wären und modifiziert werden müssten.
Diese Idee schien verlockend, da sie die beobachteten
Rotationskurven in vielen
Galaxien reproduzieren konnte. Diese Kurven, die die Geschwindigkeit der Sterne in Abhängigkeit von ihrer Entfernung vom
galaktischen Zentrum beschreiben, bleiben in der Regel flach - das heißt, die Geschwindigkeit bleibt auch in großer Entfernung vom Zentrum konstant -, während die klassische
Newtonsche Theorie eine Abnahme vorhersagt. MOND würde diese Besonderheit erklären, ohne unsichtbare Materie heranziehen zu müssen.
Dank der Beobachtungen des
Satelliten Gaia der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) zeigt diese neue Studie, dass die Rotationskurve unserer eigenen Galaxie, der
Milchstraße, eine allmähliche Abnahme der Geschwindigkeit in großen Entfernungen vom
galaktischen Zentrum aufweist. Dieses Verhalten ändert die Situation. Im Gegensatz zu den flachen Kurven, die in anderen Galaxien beobachtet wurden,
zeigt die Milchstraße eine Abnahme. Und genau hier funktioniert die
MOND-Theorie nicht mehr.
Illustration des Weltraumobservatoriums Gaia.
Bildnachweis: ESA
Die Wissenschaftler verglichen systematisch die Vorhersagen verschiedener theoretischer Modelle mit den Daten von Gaia. Das Urteil ist eindeutig: Ein Modell, das dunkle Materie einschließt, kann die beobachtete Abnahme getreu reproduzieren, während dies der MOND-Theorie nicht gelingt. Selbst wenn die Parameter des MOND-Modells extrem angepasst werden - indem beispielsweise unrealistische Massen bestimmten galaktischen Komponenten zugeschrieben werden - bleibt die Theorie mit den Beobachtungen unvereinbar.
Noch problematischer für MOND: Der fundamentale Parameter dieser Theorie, der eine universelle Konstante sein soll, die für alle Galaxien gilt, müsste für die Milchstraße einen sehr anderen Wert annehmen als für die anderen untersuchten Galaxien.
Diese Ergebnisse stärken daher die Hypothese der dunklen Materie als die solideste und konsistenteste Erklärung für die Struktur und Dynamik unserer Galaxie. Dennoch
bleibt das Rätsel ihrer genauen Natur vollständig bestehen, und die Physiker setzen ihre Bemühungen fort, sie durch Experimente zur direkten Detektion und zukünftige Weltraumbeobachtungen zu identifizieren.
Quelle: CNRS INSU