Entdeckt in Israel zeigt der Schädel eines 3-jährigen Kindes sowohl menschliche als auch neandertalerähnliche Merkmale. Dieser Fund belebt die Debatte über die Interaktionen unserer Vorfahren neu.
Bei den Ausgrabungen in der Skhul-Höhle im Norden Israels wurden 1929 mehrere Skelette aus dem Mittelpleistozän gefunden. Darunter befindet sich das eines kleinen Mädchens, das die Wissenschaftler seit fast einem Jahrhundert beschäftigt. Eine neue Studie, veröffentlicht in
L'Anthropologie, zeigt, dass es sich bei diesem Fossil möglicherweise um einen Hybriden zwischen Homo sapiens und Neandertaler handelt.
Bildnachweis: Israel Hershkovitz /Universität Tel Aviv
Eine anatomische Mosaik
Die CT-Scan-Analyse des Neurokraniums und des Unterkiefers zeigt gemischte Merkmale. Das niedrige und längliche Schädeldach erinnert an Neandertaler, während das Innenohr dem moderner Menschen ähnelt. Der Kinnlose Unterkiefer verstärkt die Hypothese einer Vermischung.
Auch die Zähne weisen intermediäre Merkmale auf. Ihr Schmelz-Dentin-Übergang, detailliert untersucht, ähnelt eher neandertalischen Exemplaren. Diese Elemente legen nahe, dass das Kind aus einer Verbindung der beiden Gruppen hervorgegangen sein könnte.
Allerdings verhindert das Fehlen alter DNA eine endgültige Bestätigung. Einige Experten wie John Hawks betonen, dass die natürliche Variabilität innerhalb einer Art diese Besonderheiten erklären könnte.
Bildnachweis: Universität Tel Aviv
Eine jahrtausendelange Koexistenz
Vor 140.000 Jahren teilten Homo sapiens und Neandertaler den Nahen Osten für fast 5.400 Jahre. Genetischer Austausch fand wahrscheinlich statt, wie andere 2018 in Russland entdeckte Hybridfossilien belegen.
Die mit diesen Überresten verbundenen Bestattungspraktiken fügen eine kulturelle Dimension hinzu. Das Vorhandensein organisierter Gräber könnte auf gemeinsame symbolische Verhaltensweisen hindeuten. Diese Entdeckung stellt die Idee in Frage, dass Totenriten das Alleinstellungsmerkmal einer einzigen Art waren.
Für die Autoren der Studie könnte diese Region als genetischer Knotenpunkt zwischen Afrika und Eurasien gedient haben. Der entdeckte Schädel könnte somit eine bisher nicht identifizierte menschliche Linie darstellen, die mehrere Abstammungslinien vermischt.
Autor des Artikels: Cédric DEPOND
Quelle: L'Anthropologie