Protonen spielen eine zentrale Rolle bei der Energieproduktion in Zellen. Ein Forscherteam hat entdeckt, dass ihre Bewegung durch den Spin der Elektronen, eine quantenmechanische Eigenschaft, beeinflusst wird. Diese Wechselwirkung findet in chiralen biologischen Umgebungen wie Proteinen statt und eröffnet neue Perspektiven auf die Mechanismen des Lebens.
Die in den
Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlichte Studie zeigt, dass der Protonentransfer nicht nur ein chemischer Prozess ist. Er beinhaltet auch quantenmechanische Phänomene wie den Elektronenspin und molekulare Chiralität. Diese Entdeckung könnte unser Verständnis biologischer Prozesse verändern.
Die Forscher nutzten Lysozym-Kristalle für ihre Experimente. Sie beobachteten, dass die Injektion von Elektronen mit einem bestimmten Spin die Mobilität der Protonen veränderte. Dieses Phänomen hängt mit der Anregung chiraler Phononen, also Schwingungen im Kristallgitter, zusammen.
Der als CISS-Effekt (Chiral Induced Spin Selectivity) bekannte Vorgang erklärt, wie chirale Moleküle unterschiedlich mit Elektronenspins interagieren. Diese Wechselwirkung beeinflusst direkt den Protonentransfer, einen für das Leben essentiellen Prozess.
Die Implikationen dieser Entdeckung sind weitreichend. Sie könnte zur Entwicklung neuer, von biologischen Prozessen inspirierter Technologien führen. Die Forscher sehen Anwendungsmöglichkeiten in Medizin, Energie und Nanotechnologie.
Vereinfachtes Diagramm eines Protonentransportmodells. Die Bewegung der Protonen geht mit einer elektronischen Polarisation einher. In einem chiralen Medium wandelt der CISS-Effekt diese elektrische Polarisation in Spinpolarisation um. Die Erhaltung des Drehimpulses erzeugt dann chirale Phononen, die einen spinselektiven Protonentransfer bewirken.
Das Team unter Leitung von Wissenschaftlern der Hebräischen Universität Jerusalem arbeitete mit Experten des Weizmann-Instituts und der Ben-Gurion-Universität zusammen. Ihre Arbeit schlägt eine Brücke zwischen Quantenphysik und Biochemie und bietet ein umfassenderes Bild der Lebensmechanismen.
Was ist der CISS-Effekt?
Der CISS-Effekt (Chiral Induced Spin Selectivity) ist ein quantenmechanisches Phänomen, bei dem chirale Moleküle Elektronen nach ihrem Spin filtern. Das bedeutet, diese Moleküle können einen Elektronenspin gegenüber einem anderen bevorzugen und so chemische Reaktionen beeinflussen.
Dieser Effekt ist besonders wichtig in biologischen Systemen, wo molekulare Chiralität allgegenwärtig ist. Er erklärt, warum bestimmte Reaktionen je nach Spin der beteiligten Elektronen effizienter oder selektiver ablaufen können.
Die potenziellen Anwendungen des CISS-Effekts sind vielfältig, von der Entwicklung neuer Materialien bis zum vertieften Verständnis biologischer Mechanismen. Es handelt sich um ein schnell wachsendes Forschungsgebiet an der Schnittstelle von Physik und Biologie.
Quelle: Proceedings of the National Academy of Sciences