Ein unerwartetes Phänomen beunruhigt die Forscher: Darmkrebs, der früher vor dem 50. Lebensjahr selten war, zeigt eine deutliche Zunahme. Eine weltweite Beobachtung, die Fragen zu unseren Lebensweisen und ihren schleichenden Auswirkungen aufwirft.
Wissenschaftler der American Cancer Society unter der Leitung von Hyuna Sung untersuchten Daten der Weltgesundheitsorganisation. Zwischen 1975 und 2017 sind die Darmkrebsraten bei 25- bis 49-Jährigen in 27 Ländern gestiegen, darunter auch nicht-westliche Nationen wie Japan und die Türkei.
Bemerkenswert ist, dass dieser Anstieg nicht einfach einem besseren Screening zugeschrieben werden kann. In den meisten Ländern werden systematische Tests erst ab dem 50. Lebensjahr durchgeführt, was die Hypothese einer grundsätzlicheren Ursache untermauert.
Der Zusammenhang mit der Verwestlichung der Lebensweise wird zunehmend klarer. Ernährung, die reicher an Fleisch und verarbeiteten Lebensmitteln ist, verbunden mit einem sesshafteren Lebensstil, scheinen Schlüsselfaktoren zu sein. So hat sich beispielsweise in Japan der Fleischkonsum seit den 1960er Jahren versechsfacht.
Die Gleichung ist jedoch noch unvollständig. Andere Faktoren könnten ebenfalls eine Rolle spielen, wie Umweltverschmutzung oder bislang nicht identifizierte genetische Variationen. Die Forscher betonen, dass diese Aspekte noch weiter untersucht werden müssen.
Die betroffenen geografischen Regionen weisen einen hohen Index der menschlichen Entwicklung auf, der auf Lebenserwartung, Bildung und das Bruttoinlandsprodukt basiert. Dies untermauert die Idee, dass wirtschaftliche Entwicklung, oft begleitet von kulturellen und ernährungsbedingten Veränderungen, eine Rolle spielen könnte.
Es bleiben Lücken in den Daten, insbesondere in unterrepräsentierten Regionen wie Afrika und einigen Teilen Asiens. Diese Einschränkungen erfordern eine vollständigere Datenerhebung, um die Disparitäten besser zu verstehen.
Angesichts dieser Erkenntnisse entstehen Initiativen, um die Präventionsstrategien anzupassen. Junge Menschen über Symptome wie Bauchschmerzen oder rektale Blutungen aufzuklären, wird zu einer Priorität.
Die Herausforderung ist enorm: Prävention in Gesundheitssysteme zu integrieren, die oft auf ältere Bevölkerungsgruppen ausgerichtet sind. Die Dringlichkeit, die genauen Ursachen dieses Anstiegs zu verstehen, darf nicht ignoriert werden.
Was ist Darmkrebs?
Darmkrebs ist eine Krankheit, die den Dickdarm oder das Rektum betrifft, zwei Teile des Dickdarms. Er entsteht aus abnormalen Zellen, die Tumore bilden, oft auf bereits bestehenden Polypen.
Die Symptome umfassen rektale Blutungen, Bauchschmerzen oder anhaltende Veränderungen des Stuhlgangs, wie Durchfall oder Verstopfung. Diese Anzeichen können jedoch unbemerkt bleiben oder mit anderen gutartigen Störungen verwechselt werden.
Zu den Haupt-Risikofaktoren zählen eine fleisch- und verarbeitungsreiche Ernährung, ein sitzender Lebensstil, Übergewicht sowie familiäre Vorgeschichten mit Krebs oder Polypen.
Die aktuelle Prävention basiert auf regelmäßigen Untersuchungen ab dem 50. Lebensjahr (oder früher für Risikopersonen) in Kombination mit einer gesunden Lebensweise: eine ballaststoffreiche Ernährung, körperliche Aktivität und die Begrenzung verarbeiteter Lebensmittel.
Autor des Artikels: Cédric DEPOND
Quelle: The Lancet Oncology