Das Gehirn von Erwachsenen mit Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) zeigt ähnliche Veränderungen wie bei Menschen mit Demenz.
Dies ist das Ergebnis einer Studie der Genfer Universitätskliniken (HUG) und der Universität Genf (UNIGE), die zeigt, dass Patienten mit ADHS-Diagnose im Vergleich zu gesunden Personen mehr Eisen in bestimmten Gehirnregionen sowie höhere Neurofilament-Werte (NfL) im Blut aufweisen.
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Diese Indikatoren sind zudem zwei Vorläufermarker für altersbedingte Demenzen wie Alzheimer. Die Studie bestätigt, dass ADHS mit einem erhöhten Demenzrisiko im späteren Leben verbunden sein könnte, und identifiziert erstmals den neurologischen Mechanismus. Ein wichtiger Fortschritt, veröffentlicht in der Zeitschrift
Psychiatry and Clinical Neurosciences.
ADHS ist eine häufige neurodevelopmentalen Störung, die laut einer WHO-Studie aus dem Jahr 2008 etwa 3,5 % der Erwachsenen betrifft. Sie ist gekennzeichnet durch Unfähigkeit zur Aufmerksamkeitserhaltung und unangemessene Hyperaktivitäts- und Impulsivitätsniveaus. Obwohl die Symptome meist in der Kindheit auftreten und die schulische Entwicklung und sozialen Interaktionen beeinträchtigen, können die Auswirkungen bis ins Erwachsenenalter persistieren.
Eisen spielt eine entscheidende Rolle für die normale Gehirnfunktion, aber übermäßige Anhäufung kann zu neurodegenerativen Erkrankungen führen.
Altersbedingte Demenzen betreffen laut WHO-Statistiken 2023 etwa 55 Millionen Menschen weltweit, mit fast 10 Millionen Neuerkrankungen jährlich. Alzheimer macht etwa 60-70 % der Demenzfälle aus.
"Aktuelle epidemiologische Studien zeigen, dass Erwachsene mit ADHS ein höheres Demenzrisiko im Alter haben, aber der Mechanismus ist unbekannt", sagt Prof. Paul Unschuld, Chefarzt der Gerontopsychiatrie der HUG und Studieninitiator.
Eisen und Neurofilamente als Indikatoren
Das Forschungsteam nutzte eine fortgeschrittene Hirnbildgebungstechnik (QSM-MRT), um den Eisengehalt im Gehirn von 32 Erwachsenen (25-45 Jahre) mit ADHS und 29 gesunden Kontrollpersonen zu untersuchen.
Parallel wurden NfL-Werte im Blut gemessen. Die Ergebnisse zeigen signifikante Unterschiede in der Eisenverteilung bei ADHS-Patienten. Zudem wurde eine Verbindung zwischen Eisenwerten im präzentralen Kortex und NfL-Spiegeln festgestellt.
"Eisenüberladung in bestimmten Gehirnregionen führt oft zu oxidativem Stress und neuronaler Degeneration", erklärt Prof. Unschuld. Erhöhte NfL-Werte spiegeln Axonschäden wider. Beide Marker können auf neurodegenerative Prozesse und erhöhtes Demenzrisiko hinweisen.
Diese Ergebnisse bestätigen den Zusammenhang zwischen ADHS und Demenzrisiko und identifizieren erste mechanistische Elemente.
Bedeutung frühzeitiger Erkennung und ADHS-Management
Die Entdeckungen ebnen den Weg für weitere Forschung. Prof. Unschuld betont, dass die Studie "zielgerichtete Präventionsstrategien ermöglicht, um das Demenzrisiko bei ADHS-Patienten zu reduzieren."
Besonders relevant ist der bekannte Zusammenhang zwischen Lebensstil und veränderten Eisenwerten im Gehirn. Längsschnittstudien sind nötig, um zu klären, ob Eisenreduktion eine potenzielle Behandlungsoption zur Demenzprävention bei ADHS darstellt.
Zudem unterstreicht die ADHS-Demenz-Verbindung die Wichtigkeit früher Diagnose und proaktiven ADHS-Managements bei Erwachsenen - sowohl für Lebensqualität als auch langfristige kognitive Gesundheit.
Die Studie wurde durch einen SPARK-Grant des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) an Prof. Paul G. Unschuld finanziert.
Quelle: Universität Genf